Angesichts der weitreichenden Auswirkungen der Corona-Pandemie hat sich der ÖRAK mit Nachdruck für ein gesetzliches Fristen-Moratorium gegenüber dem Bundesministerium für Justiz, dem Bundeskanzleramt/Verfassungsdienst und den politischen Entscheidungsträgern eingesetzt. Diese Bemühungen waren erfolgreich. Am 19. März 2020 haben die Regierungsparteien ein umfangreiches 2.COVID-19-Gesetzespaket im Parlament eingebracht, mit dem 39 Gesetze geändert werden, dazu kommen 5 neue Gesetze. Dieses Paket wurde nach Behandlung durch den Budgetausschuss am 20. März 2020 im Nationalrat und am 21. März 2020 im Bundesrat beschlossen sowie bereits am selben Tag (21. März 2020) im Bundesgesetzblatt (BGBl I 16/2020) kundgemacht. Die Bestimmungen traten damit größtenteils mit 22. März 2020 in Kraft (teilweise aber auch rückwirkend) und werden weitgehend mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft treten.
Im Folgenden haben wir die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst. Bitte beachten Sie, dass die Zusammenfassung nur Teile des gesamten Gesetzespakets behandelt und ein genaues Studium der vorgenommenen Änderungen nicht ersetzt.
Unterbrechung von Fristen in gerichtlichen Verfahren
In gerichtlichen Verfahren werden alle verfahrensrechtlichen Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, sowie verfahrensrechtliche Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. In den Erläuterungen wird klarstellend festgehalten, dass damit in bürgerlichen Rechtssachen (Zivilprozesse, Außerstreitverfahren, Grundbuchs- und Firmenbuchverfahren, Exekutionsverfahren, Insolvenzverfahren) - abgesehen von den im Gesetz angeführten Ausnahmen - alle prozessualen Fristen (sowohl gesetzliche als auch richterliche Fristen) unterbrochen werden. Sie beginnen mit 1. Mai 2020 neu zu laufen.
Ausgenommen sind Verfahren, in denen das Gericht über die Rechtmäßigkeit eines aufrechten Freiheitsentzuges nach dem Unterbringungsgesetz, Heimaufenthaltsgesetz, Tuberkulosegesetz oder Epidemiegesetz 1950 entscheidet, sowie für Leistungsfristen.
Das Gericht kann aber in bestimmten Fällen (Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Verfahrenspartei u.a.) im jeweiligen Verfahren aussprechen, dass eine Frist nicht unterbrochen wird. Gleichzeitig ist eine neue angemessene Frist festzusetzen. Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden.
Außerdem wird die Zeit vom Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bis zum Ablauf des 30. April 2020 in die Zeit, in der bei einem Gericht eine Klage oder ein Antrag zu erheben oder eine Erklärung abzugeben ist, nicht eingerechnet. Dies betrifft etwa Verjährungsfristen, die Frist für Besitzstörungsklagen nach § 454 ZPO u.a..
Die Bundesministerin für Justiz kann durch Verordnung die angeordnete allgemeine Unterbrechung von Fristen verlängern, soweit dies zur Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
Reduktion des Gerichtsbetriebs, Einstellung der Tätigkeit eines Gerichts
Für den Zeitraum der generellen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 sind Anhörungen und mündliche Verhandlungen nur unter bestimmten Voraussetzungen (Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit u.a.) abzuhalten. Dies gilt auch für die Erteilung und Durchführung von Vollzugsaufträgen sowie für die Protokollierung mündlichen Anbringens. Dringend erforderliche Anhörungen einer Partei oder mündliche Verhandlungen können auch unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel (insb. Videokonferenz) vorgenommen bzw. durchgeführt werden.
Hört infolge des Auftretens und der Verbreitung von COVID-19 die Tätigkeit eines Gerichts auf (§ 161 ZPO, § 25 Abs. 1 Z 5 AußStrG), so hat die Bundesministerin für Justiz diesen Umstand auf der Website des Bundesministeriums für Justiz bekanntzumachen. Das OLG hat dann auf Antrag einer Partei ein anderes Gericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen, wenn Verfahrenshandlungen vorzunehmen sind, die u.a. zur Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit dringend geboten sind. Es sind nur solche gerichtlichen Erledigungen abzufertigen, deren Zustellung zur Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Verfahrenspartei dringend geboten sind. Zustellungen, die unter Verwendung des elektronischen Rechtsverkehrs erfolgen, sind aber weiterhin vorzunehmen.
Änderungen der Insolvenzordnung und Exekutionsordnung
Eine schriftliche Mahnung einer nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung fällig gewordenen Verbindlichkeit, die ab dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bis zum Ablauf des 30. April 2020 abgesendet wird, führt nicht zum Verzug nach § 156a Abs. 1 IO.
Außerdem wird in § 69 IO und § 200b EO klargestellt, dass eine Epidemie und eine Pandemie unter den Begriff der Naturkatastrophe fallen, wodurch die jeweilige Frist auf 120 Tage verlängert wird. Hinweis: Diese Änderungen treten nicht mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.
Zusammenschlussanmeldungen nach dem Kartellgesetz 2005
Für Zusammenschlussanmeldungen (§ 9 KartG 2005), die vor dem 30. April 2020 bei der Bundeswettbewerbsbehörde einlangen, läuft die Frist für den Prüfungsantrag nach § 11 KartG 2005 ab dem 1. Mai 2020. Für Prüfungsanträge, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes beim Kartellgericht anhängig sind oder bis zum Ablauf des 30. April 2020 anhängig gemacht werden, läuft die Entscheidungsfrist nach § 14 KartG 2005 ab dem 1. Mai 2020.
Unterhaltsvorschüsse
In der Zeit vom Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bis zum Ablauf des 30. April 2020 sind Titelvorschüsse nach § 3 UVG auch dann zu gewähren, wenn das Kind keinen entsprechenden Exekutionsantrag bei Gericht einbringt. Solche Vorschüsse sind abweichend von § 8 UVG längstens für ein halbes Jahr zu gewähren.
Verfahren in Strafsachen
Auch in Strafsachen werden besondere Vorkehrungen getroffen. Hier kann die Bundesministerin für Justiz für die Dauer von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen wurden, über die Fälle des § 183 StPO hinaus die Zuständigkeit einer anderen Justizanstalt anordnen.
Darüber hinaus wird die Bundesministerin für Justiz ermächtigt, durch Verordnung eine Unterbrechung der Fristen für die Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens (§ 108a StPO), der Frist von zwei Monaten für die Neudurchführung einer unterbrochenen Hauptverhandlung (§ 276a StPO) und der Fristen für die Anmeldung und Ausführung von Rechtsmitteln (§ 88 Abs. 1, § 106 Abs. 3, § 108a, § 284 Abs. 1 und 2, § 285 Abs. 1, § 294 Abs. 1, § 466 Abs. 1 und 2 und § 467 Abs. 1 StPO) für die Dauer der angeordneten Betretungsverbote anzuordnen.
Zudem kann angeordnet werden, dass Haftverhandlungen nicht stattzufinden haben und die Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft oder vorläufigen Anhaltung nach § 175 Abs. 4 zweiter Satz StPO zu ergehen hat. Unter Umständen kann es allerdings erforderlich sein, den Verkehr mit der Außenwelt zur Vermeidung einer Ausbreitung von COVID-19 möglichst gering zu halten, weshalb nun auch die Möglichkeit des angeordneten Verzichts auf Durchführungen von Haftverhandlungen vorgesehen ist. Laut den Erläuterungen ist dabei zu beachten, dass die Haftfristen weiter gelten, sodass vor Ablauf der Frist ein Beschluss über die Fortdauer mit umfänglicher Prüfung der Haftvoraussetzungen zu erlassen ist. Dringender Tatverdacht, Haftgründe und Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft sollen weiterhin streng geprüft werden.
Weitere Punkte, die von dieser Verordnungsermächtigung umfasst sind, entnehmen Sie bitte § 9 des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz.
Verordnung der BM für Justiz – besondere Vorkehrungen in Strafsachen
Die aufgrund des oben genannten § 9 des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz (BGBl. I Nr. 16/2020) von der Bundesministerin für Justiz erlassene Verordnung, mit der zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 besondere Vorkehrungen in Strafsachen getroffen werden, wurde am 23. März 2020 im Bundesgesetzblatt (BGBl. II Nr. 113/2020) kundgemacht und ist daher am 24. März 2020 in Kraft getreten.
Damit wird verordnet, dass die Fristen nach § 88 Abs. 1, § 106 Abs. 3, § 276a, § 284 Abs. 1 und 2, § 285 Abs. 1, § 294 Abs. 1, § 466 Abs. 1 und 2 und § 467 Abs. 1 StPO für die Dauer der vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes (BGBl. I Nr. 12/2020) angeordneten Betretungsverbote unterbrochen werden.
Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung der Bundesministerin für Justiz, mit der der Anwendungsbereich für die Durchführung von Videokonferenzen im Strafverfahren erweitert wird (BGBl. II Nr. 99/2020) außer Kraft.
Dafür sieht die Verordnung (BGBl. II Nr. 113/2020) vor, dass in den Fällen des § 174 Abs. 1, § 176 Abs. 3, § 239 letzter Satz und § 286 Abs. 1a StPO zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 die Vernehmung oder Verhandlung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchzuführen ist (§ 153 Abs. 4 StPO). Achtung: Diese Bestimmung wurde mittlerweile durch eine weitere Verordnung (BGBl. II Nr. 114/2020) in eine Kann-Bestimmung geändert (siehe im Detail unten).
Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 kann der Beschluss über die Aufhebung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft oder der vorläufigen Anhaltung in jenen Fällen auch ohne vorangegangene mündliche Verhandlung schriftlich ergehen, in welchen im Einzelfall eine Vernehmung gemäß § 153 Abs. 4 StPO nicht durchführbar ist.
Angeordnet wird unter anderem auch, dass der Besuchsverkehr (§ 188 Abs. 1 StPO) für die Dauer der vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes (BGBl. I Nr. 12/2020) angeordneten Betretungsverbote auf telefonische Kontakte beschränkt ist. Davon ausgenommen sind allerdings Besuche von Vertretern öffentlicher Stellen und von Betreuungseinrichtungen sowie von Rechtsbeiständen (§ 96 StVG).
Alle weiteren Punkte können Sie im Detail in der Verordnung (BGBl. II Nr. 113/2020) nachlesen.
Weitere Verordnung der BM für Justiz vom 24. März 2020
Am 24. März 2020 wurde eine weitere Verordnung der Bundesministerin für Justiz kundgemacht (BGBl. II Nr. 114/2020), die am 25. März 2020 In Kraft getreten ist.
Damit wird die Verordnung, mit der zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19-besondere Vorkehrungen in Strafsachen getroffen werden (BGBl. II Nr. 113/2020), wird wie folgt geändert:
§ 2 der Verordnung (BGBl. II Nr. 113/2020) entfällt.
In § 4 wurde der erste Satz umformuliert, wonach in den Fällen des § 174 Abs. 1, § 176 Abs. 3, § 239 vorletzter Satz und § 286 Abs. 1a StPO zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 die Vernehmung oder Verhandlung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchgeführt werden kann (§ 153 Abs. 4 StPO).
Strafvollzug
Das COVID-19-JustizbegleitG sieht auch für den Strafvollzug eine zeitlich befristete Verordnungsermächtigung für die Bundesministerin für Justiz vor.
Diese Ermächtigung betrifft zum einen die Fristen. So können etwa die Fristen für den Wiederantritt der Strafe nach den §§ 99 Abs. 3, 99a Abs. 2 und 147 Abs. 2 sowie 166 Z 2 StVG für die Dauer der vorläufigen Maßnahmen nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz unterbrochen werden.
Die Bundesministerin für Justiz kann zudem anordnen, dass mit COVID-19 infizierte Personen oder solche, die wegen Kontakts mit infizierten Personen unter Quarantäne stehen, als vollzugsuntauglich gelten. Außerdem kann der Besuchsverkehr (§ 93 StVG) auf telefonische Kontakte beschränkt oder sonstige Beschränkungen des Verkehrs mit der Außenwelt vorgesehen werden. Darüber kann angeordnet werden, dass ein Widerruf nach § 156c Abs. 2 StVG nicht anzuordnen ist, wenn wegen einer vorläufigen Maßnahme nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz eine Arbeitsverrichtung nicht mehr möglich ist.
Weitere Punkte, die von dieser Verordnungsermächtigung umfasst sind, entnehmen Sie bitte § 10 des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz.
Unterbrechung von Fristen in Finanzstrafverfahren
Der Lauf der Einspruchsfrist (§ 145 Abs. 1 Finanzstrafgesetz), der Rechtsmittelfrist (§ 150 Abs. 2) sowie der Frist zur Anmeldung einer Beschwerde (§ 150 Abs. 4) wird jeweils unterbrochen, wenn die Frist mit Ablauf des 16. März 2020 noch nicht abgelaufen war oder der Beginn des Fristenlaufs in die Zeit von 16. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 fällt.
Die Finanzstrafbehörde kann jedoch in bestimmten Fällen (Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Partei u.a.) im jeweiligen Verfahren aussprechen, dass eine Frist nicht unterbrochen wird. Gleichzeitig hat sie eine neue angemessene Frist festzusetzen.
Außerdem wird der Bundesminister für Finanzen u.a. dazu ermächtigt, weitere Bestimmungen vorzusehen, die den Einfluss der Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, auf den Lauf von Fristen und die Einhaltung von Terminen für anhängige oder noch anhängig zu machende ordentliche Rechtsmittelverfahren regeln.
Unterbrechung von Fristen in Verwaltungsverfahren
In anhängigen behördlichen Verfahren der Verwaltungsbehörden, auf die die Verwaltungsverfahrensgesetze (AVG, VStG und VVG) anzuwenden sind, werden alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, sowie Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, biszum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnen mit 1. Mai 2020 neu zu laufen. Dies gilt auch für Verjährungsfristen (§ 31 VStG), jedoch nicht für verfassungsgesetzlich festgelegte Höchstfristen und für Fristen nach dem Epidemiegesetz.
Die Behörde kann aber in bestimmten Fällen (Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Partei u.a.) im jeweiligen Verfahren aussprechen, dass eine Frist nicht unterbrochen wird. Gleichzeitig ist eine neue angemessene Frist festzusetzen.
Die Zeit vom Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bis zum Ablauf des 30. April 2020 wird in die Zeit, in der ein verfahrenseinleitender Antrag (§ 13 Abs. 8 AVG) zu stellen ist, nicht eingerechnet.
Der Bundeskanzler kann durch Verordnung die Unterbrechung von Fristen verlängern, verkürzen oder weitere allgemeine Ausnahmen von der Unterbrechung vorsehen, soweit dies zur Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
Diese Ausführungen gelten auch für das Verfahren der Verwaltungsgerichte, wenn auf das jeweilige Verfahren zumindest auch das AVG anzuwenden ist, sowie auf das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes.
Die Bestimmungen zu mündlichen Verhandlungen, Vernehmungen, dem mündlichen Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten, dem Aufhören der Tätigkeit einer Behörde infolge des Auftretens und der Verbreitung von COVID-19 entnehmen Sie bitten dem 2.COVID-19-Gesetz.
Änderungen im Arbeitsrecht
Der Entwurf beinhaltet außerdem Änderungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz (in Bezug auf die Altersteilzeit), Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes (Anhebung der Obergrenze für COVID-19 Kurzarbeit), Arbeitsmarktservicegesetz (Abdeckung der Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung im Rahmen der Kurzarbeit durch die Beihilfe), Arbeitsverfassungsgesetz, Gleichbehandlungsgesetz (Hemmung der 14-tägigen Frist nach §§ 15 Abs. 1a oder 29 Abs. 1a bis 30. April 2020) und Arbeitsvertrags-Anpassungsgesetz (Sonderbetreuungszeit; Hemmung des Fortlaufs von laufenden gesetzlichen, kollektivvertraglichen und vertraglichen Verjährungs- und Verfallfristen betreffend Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bis 30. April 2020).
Änderung des ABGB - Verbrauch von Urlaub und Zeitguthaben
Arbeitnehmer, deren Dienstleistungen aufgrund von Maßnahmen auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBI. Nr. 12/2020, die zum Verbot oder zu Einschränkungen des Betretens von Betrieben führen, nicht zustande kommen, sind verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers in dieser Zeit Urlaubs- und Zeitguthaben zu verbrauchen. Für den Verbrauch gilt: 1. Urlaubsansprüche aus dem laufenden Urlaubsjahr müssen nur im Ausmaß von bis zu 2 Wochen verbraucht werden. 2. Von der Verbrauchspflicht sind weiters ausgenommen solche Zeitguthaben, die auf der durch kollektive Rechtsquellen geregelten Umwandlung von Geldansprüchen beruhen (Freizeitoption). 3. Insgesamt müssen nicht mehr als 8 Wochen an Urlaubs- und Zeitguthaben verbraucht werden.
Änderung der Bundesabgabenordnung
In anhängigen behördlichen Verfahren der Abgabenbehörden werden alle im ordentlichen Rechtsmittelverfahren vorgesehenen Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach dem 16. März 2020 fällt, sowie Fristen, die bis zum 16. März 2020 noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen.
Die Abgabenbehörde kann jedoch in bestimmten Fällen (Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Partei u.a.) im jeweiligen Verfahren aussprechen, dass eine Frist nicht unterbrochen wird. Gleichzeitig hat sie eine neue angemessene Frist festzusetzen.
Außerdem wird der Bundesminister für Finanzen u.a. dazu ermächtigt, weitere Bestimmungen vorzusehen, die den Einfluss der Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, auf den Lauf von Fristen und die Einhaltung von Terminen für anhängige oder noch anhängig zu machende ordentliche Rechtsmittelverfahren regeln.
Schaffung einer Gebührenbefreiung
In § 35 Abs. 8 Gebührengesetz 1957 wird eine umfassende Befreiung von den Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben für sämtliche Schriften und Amtshandlungen vorgesehen, die mittelbar oder unmittelbar aufgrund der erforderlichen Maßnahmen iZm der Bewältigung der COVID-19 Krisensituation erfolgen.
Einrichtung eines Härtefallfonds
Mit dem Härtefallfondsgesetz wird ein Härtefallfonds eingerichtet. Abgewickelt wird das Förderungsprogramm des Bundes von der Wirtschaftskammer Österreich im übertragenen Wirkungsbereich. Die WKO ist dabei an die Weisungen des Vizekanzlers, der BM für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und des BM für Finanzen gebunden. Das Förderprogramm soll ein Sicherheitsnetz für Härtefälle bei jenen Ein-Personen-Unternehmen (EPU), freien Dienstnehmern nach § 4 Abs. 4 ASVG, Non-Profit-Organisationen nach §§ 34 – 47 BAO sowie Kleinstunternehmen (Begriffsbestimmung laut Empfehlung 2003/361/EG vom 6. Mai 2003) schaffen, die durch die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen von COVID-19 verursacht wurden. Die Förderung wird in Form eines Zuschusses gewährt. An liquiden Mitteln werden insgesamt maximal 1 Mrd Euro zur Verfügung gestellt. Der BM für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Vizekanzler und der BM für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort eine Richtlinie für die Abwicklung des Härtefallfonds auf Basis des KMU-Förderungsgesetzes zu erlassen. Diese Richtlinie bleibt abzuwarten. Der ÖRAK wird dazu gesondert informieren.
In der Begründung eines in zweiter Lesung vom Nationalrat angenommenen Abänderungsantrags zum Härtefallfondsgesetz heißt es wörtlich: „Mit § 1 Abs. 1 sind sämtliche Kleinstunternehmen in einem weiten Umfang umfasst, so zum Beispiel auch die freiberuflich ausübbaren Gesundheitsberufe.“ Es ist daher davon auszugehen, dass es die Intention des Gesetzgebers ist, allen „Kleinstunternehmen“ (weniger als 10 Beschäftigte und Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz max. € 2 Mio.), also auch Freiberuflern, in Härtefällen Förderungen zu gewähren.
Änderung des Zustellgesetzes
Solange die Fristen unterbrochen sind, gelten für die Zustellung mit Zustellnachweis der von Gerichten bzw. von Verwaltungsbehörden zu übermittelnden Dokumente sowie die durch die Gerichte bzw. die Verwaltungsbehörden vorzunehmende Zustellung von Dokumenten ausländischer Behörden (§ 1) bestimmte Erleichterungen.
Maßnahmen im Gesellschaftsrecht
Für die Dauer von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz getroffen werden, können Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft, einer Genossenschaft, einer Privatstiftung oder eines Vereins, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit oder eines kleinen Versicherungsvereins nach Maßgabe einer Verordnung der BM für Justiz auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt werden.
Außerdem wird geregelt, dass abweichend von § 104 Abs. 1 AktG die ordentliche Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft innerhalb der ersten zwölf Monate des Geschäftsjahrs der betreffenden Gesellschaft stattfinden muss.
Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes
Im ASVG wird eine verzugszinsenfreie Stundungsmöglichkeit für die Beitragszeiträume Februar, März und April 2020 geschaffen.
Ministerratsbeschlüsse im Umlaufverfahren
Um die staatlichen Funktionen auch in Krisenzeiten aufrecht zu erhalten, sollen der Ministerrat, der VfGH und der VwGH zukünftig mit Umlaufbeschlüssen agieren können. Dazu ist eine Verfassungsänderung notwendig.
Weitere in diesem Gesetzespakt enthaltene Änderungen betreffen u.a. das Zivildienstgesetz 1986, das Tabaksteuergesetz 1995, das Telekommunikationsgesetz 2003, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das KMU-Förderungsgesetz und diverse andere Rechtsmaterien.
Weitere Informationen zum Coronavirus (COVID-19)
Bitte beachten Sie unsere laufend aktualisierten Informationen auf der Website des ÖRAK!
Wir ersuchen Sie zu beachten, dass es sich bei diesen Informationen um keine abschließende Darstellung handelt und diese ein Studium der einschlägigen Vorschriften und Anordnungen nicht ersetzen können. Manche der dargestellten Aspekte können kurzfristigen Änderungen unterworfen sein. Wir laden Sie daher ein, unseren Informationsbereich auf https://www.rechtsanwaelte.at wiederkehrend zu besuchen.
Letzte Aktualisierung: 25.3.2020